Christliche
Meditation im Stil des Zen und Yoga:
Optimismus
als Kraftquelle “den Glauben an das Gute im Menschen“ (Anne Frank, Tagebuch)
Freitag,
29.01. – Sonntag, 31.01.2016
Ich
hatte mich schon lange auf das Wochenende auf dem Jakobsberg gefreut. Ein Wochenende mit Meditationen und Yoga. Herrlich. Die
Aussicht auf Stille, zur Ruhe kommen, zu mir kommen erfüllt mich mit Vorfreude.
Das Seminar startet mit einem gemeinsamen Abendessen am Freitagabend, danach
geht es weiter mit einer Entspannungsübung. Wir liegen auf dem Boden des
Meditationsraumes während Klangschalen ertönen. Laute klingen nach und hüllen
uns ein. Immer mehr Schwere an den Boden abgeben. Ein wohltuender Start.
Im
Anschluss darauf erfolgt eine offizielle Kennenlern-Runde. Pater Augustinus
legt Blätter aus mit den unterschiedlichsten Textpassagen. Jeder von uns soll
sich eines heraussuchen, von dem er sich angesprochen fühlt. Schon ist man
mitten im Thema: Warum haben wir uns angemeldet? Weshalb sind wir hier zu
diesem Wochenende? Bei vielen wird als Beweggrund der Wunsch nach Stille und
zu-sich-finden deutlich. Unter uns sind „Wiederholungstäter“ sowie
Teilnehmende, die sich zum ersten Mal zu einem solchen Seminar einfinden. Alle
sind gespannt und neugierig und freuen
sich auf die Zeit für sich. Pater Augustinus stellt das Thema des Wochenendes
direkt in den Raum mit Fragen wie: „Kann
der Mensch immer optimistisch sein?“ und „Braucht der Mensch immer Ruhe?“
Jeder
von uns bezieht Stellung – das Thema ist vielschichtig. Am Abend findet auch
eine erste Yoga-Einheit statt. Liebevoll leitet Andrea uns an und betont
deutlich: Schaut nach euch und eurem Befinden – wenn es um Leistung geht, dann
ist es KEIN Yoga. Sehr wohltuend – bei sich und seinem Körper ankommen,
eintauchen in Ruhe UND Bewegung. Danach die erste Meditation – das erste Zazen
an diesem Wochenende. Wir starten heute Abend mit einer 5-minütigen Meditation. Ich habe für mich
persönlich den Wunsch, an diesem Wochenende zur Ruhe zu kommen und meine eigene
Meditations- und Yoga-Praxis wieder zu vertiefen bzw. überhaupt mal wieder
damit zu starten – viel zu oft verliere ich mich im Trubel des Alltags, und ich
bin dankbar für diese Anstöße, die hier an diesem wunderbaren Ort erfolgen.
Am
Freitagabend, mit der Nachtruhe, beginnt das Schweigen, das bis morgen Abend
dauern wird – und worauf ich mich unendlich freue – ja, mich richtig danach
sehne. Ein paar Male durfte ich bereits
die Erfahrung eines solchen „portionierten“ Schweigens machen – und obwohl –
oder vielleicht gerade weil- ich sonst gerne und auch beruflich viel rede
–genieße ich dieses Versenken in Stille – um so mehr.
Der
Samstag beginnt früh, um 6:45 Uhr in
Dunkelheit und Ruhe, mit einer Teezeremonie, bei der wir gemeinsam das heiße
Getränk genießen. Danach ein Ritual, das mich sehr berührt: das Begrüßen jeden
einzelnen in Stille mit Blickkontakt und einem Händedruck – ganz wortlos – und
ganz bei sich und dem anderen. Dann sanftes Yoga – den Körper wecken. Präsent
sein im eigenen Körper. Danach ein
Impulstext von Pater Augustinus am Morgen: „Werde still und finde heim
zu dir selbst…“ Der Mensch braucht Ankerpunkte in sich selbst – gerade im
größten Trubel. Dann zweimal 20 Minuten Zazen. Zwischen den sitzenden
Meditationen eine Sequenz im Gehen, durch den Raum. Achtsames Füße aufsetzen, ein
Fuß nach dem anderen. Wo ist mein Schwerpunkt?
Wo meine Mitte? Wann verlagere ich das Gewicht vom einen auf den anderen
Fuß? Wann gehe ich jemals so achtsam wie in solchen Momenten? Dann das
Frühstück: die erste Mahlzeit in Stille. Es ist so angenehm –aber auch so
selten und ungewohnt – inmitten einer Gruppe von Menschen zu sein, und dennoch
ganz für sich. Ein Geschenk – so erlebe ich das. Das Essen hat ebenfalls eine
andere Erlebnisqualität, wenn ich ganz ohne Worte, mit voller Konzentration auf
die Lebens-mittel speise. Und es ist alles langsamer – auf so eine so
unglaublich wohltuende Art.
Nach
dem Frühstück geht´s an die frische Luft: Gehmeditation im Kreuzgang. Pater
Augustinus erinnert uns an dicke Kleidung – und das ist gut so: es ist frisch
und die kühle Luft ist wohltuend und ein schönes sinnhaftes Erleben. Immer
wieder kommt mir der Gedanke und das Gefühl: es ist so schön hier zu sein! Ich
bin so froh, dass ich mir die Zeit dafür genommen habe! Aussteigen aus dem
Alltag – so wertvoll und wichtig. Auszeiten nehmen – in der Hoffnung, möglichst
lange von diesen Erlebnissen mit nach Hause, ins „normale“ Leben mitnehmen zu
können. Vor der nächsten Sitzmeditation
ein Text „Warum Optimismus heute so wertvoll ist“ - Optimismus ist eine Geisteshaltung, die
sich in den vielen Kleinigkeiten des Alltags zeigt - eine schöne Einbettung für
zwei mal 20 Minuten Zazen und der dazwischen liegenden Gehmeditation. Loslassen – sich leer-machen. Dann wieder
eine Entspannungsübung im Liegen mit den Klangschalen. Die Töne tragen – ein
schönes Erlebnis. Vor dem Mittagessen zelebrieren wir erneut eine Teezeremonie.
Schweigend gemeinsam sitzen und trinken - ganz grundlegend – ganz elementar.
Die Küche verwöhnt uns erneut mit leckerer, klösterlicher Kost – das Essen in Schweigen
ist nun schon vertrauter – und ich kann schweigend meine Mahlzeit genießen.
Nach
der Mittagspause starten wir um 15:00 Uhr mit zwei wunderbaren Stunden Yoga.
Ich genieße die Wechselatmung, die Körperübungen. Auch hier bekommen wir einen
schönen Text geschenkt: Ein Mann baut eine Mauer mit zwei „falsch“ gesetzten
Steinen – aber eben auch 958 „schön“ gesetzten Steinen. Wie oft schaut man auf vermeintliche Fehler,
dabei gibt es so viel mehr Gelingendes!
Diese Erinnerung tut gut! Der
Impuls vor der nächsten Sitzmeditation: „Jeden Tag neu anfangen…“ die Hoffnung nicht aufgeben, jeden Tag das
Leben lieben. Es lohnt nicht, Pessimist zu sein. Die folgende
Zazen-Einheit dauert 20 Minuten. Sitzen – atmen – da-sein. Schon erstaunlich: 5 mal am heutigen Tag für
jeweils 20 Minuten sitzend meditieren! Und es ist einfach prima! Danach sitzen
wir im Kreis auf dem Boden, vor uns in
der Mitte eine brennende Kerze. Nur das Licht dieser Kerze erhellt den Raum.
Ruhig schaut jeder von uns in die Flamme. Gelegentlich ist es genug: Zeit um
die Augen für eine Weile zu schließen. Es ist eine ruhige Stimmung, das
Kerzenlicht wärmt die Seele. Unglaublich schnell ging dieser Tag vorüber und
das „köstliche“ Schweigen neigt sich schon
dem Ende zu – beim Abendessen wird das Schweigen gebrochen. Was nicht heißt,
dass ich mich nicht auch auf den Austausch mit den anderen freue! Den verbalen Austausch. Denn viele
schweigende, aber dennoch innige Begegnungen begleiteten den Tag. Nach dem
schweigenden Tag erlebe ich meine Sprache, meine Möglichkeit mich den anderen
mitzuteilen, als Geschenk und als etwas Besonderes. Um 19:45 Uhr geht es
weiter: eine Rückmelderunde zum Tag – das Schweigen: für uns alle ein
(ungewohntes) Geschenk. Andrea leitet uns im Anschluss einen wunderbaren Kreistanz
an, beschwingt und verbindend. Es macht einfach Spaß in dieser schönen
Gemeinschaft! Dann setzen wir uns nochmal im Kreis um die Kerze herum. Jeder
von uns erhält ein Teelicht und stellt nacheinander dieses kleine Licht zum großen in die Mitte,
und sagt den anderen, für wen die Kerze leuchtet. Nach dieser persönlichen
Handlung, die mit den anderen geteilt wird, beten wir gemeinsam das Vater-unser
im nun noch heller gewordenen Kerzenschein. Zum Abschluss des gemeinsamen
Abends singen wir im Licht der Kerze
noch einen Kanon. Einige verweilen noch länger am Feuer. Unten in der Stube
setzen sich einige noch zusammen. Es ist schön mit den anderen ins Gespräch zu
kommen und zusammen zu sein, jedoch merke ich, dass ich noch ein bisschen Ruhe,
Stille und Schlaf brauche, deshalb ziehe ich mich nach dem Kerzenschein auf
mein Zimmer zurück.
Am
Sonntagmorgen beginnen wir gemeinsam mit der Teezeremonie um 6:45 Uhr, wie am
Tag zuvor. Ein Erlebnis, das wir sehr
genießen. Ich erlebe es als klärend und zentrierend. Erneut begrüßt jeder im
Schweigen, wie am gestrigen Morgen, jeden einzelnen dadurch, dass man jedem die
Hand gibt und sich gegenseitig anschaut. Mit Andrea dürfen wir noch eine letzte
wunderbare Yoga-Einheit an diesem Wochenende erleben. Pater Augustinus gibt uns
danach noch einen Impuls: „Zuversicht… keine Angst soll die Oberhand gewinnen….
Zuversicht zu ihm, Warten auf den helfenden Gott, seine Hilfe ist schon
unterwegs.“ Ich genieße die letzten beiden 20 minütigen Zazen-Meditationen und
die dazwischen liegende Gehmeditation im Raum. Nach dem Frühstück gehen wir
alle hinaus und jeder kann sich einen Wollfaden aussuchen, aus einem Kästchen,
mit dem Pater Augustinus die Runde macht – ein Faden zum mit in den Alltag
nehmen. Die Fäden haben viele unterschiedliche Farben: ich suche mir einen
dunkelgrünen aus. Dann geht jeder in Stille seiner Wege beim Spazierengehen –
eine Naturmeditation. Für sich sein, draußen in der Natur, was bewegt mich im
Moment? Im Meditationsraum, in dem wir das Wochenende verbracht haben, feiern
wir dann in unserer Gruppe Gottesdienst. Schöne Lieder, bewegende Worte, ein
berührender Gottesdienst in unserer Gemeinschaft. Zum Abschluss unseres
Wochenendes teilt Pater Augustinus uns einen letzten Impuls aus: „die fünf
goldenen Regeln des Optimismus von Cosima“:
- Niemals aufgeben!
- Lebe im Hier und Jetzt.
- Alles wird gut!
- Wer glaubt, gewinnt.
- Entspannen statt schmollen
Jeder
Punkt birgt noch eine kurze Erläuterung auf dem Textblatt. Zur anschließenden
Abschluss-Runde sucht sich jeder einen für sich nun passenden Punkt aus und
benennt, was ihn gerade umtreibt und wie man das Wochenende erlebt hat. Dann
bekommt jeder Einzelne von seinem Vorredner eine kleine Kerze, zum mit nach
Hause nehmen, begleitet von einem guten Wunsch für diese Person. Nach dem
gemeinsamen Mittagessen geht jeder seiner Wege.
Es
war ein herrliches, freudvolles, intensives Wochenende – bei sich – und bei den
anderen; mit so vielen wunderbaren Momenten und Impulsen. Ich möchte einfach
nochmal „Danke“ sagen!
Die
Fragen des Beginns kommen mir nochmal in den Sinn: „Kann der Mensch immer
optimistisch sein?“ „Braucht der Mensch immer Ruhe?“ Ich würde beide Fragen jetzt tatsächlich mit
„ja“ beantworten: Ja, der Mensch KANN grundsätzlich immer optimistisch sein –
auch wenn´s schwerfällt, und es zuletzt auch nicht immer gelingt. Und: ja, der
Mensch braucht immer Ruhe. Und zwar in der Form, dass es gut tut -auch im
größten Trubel - einen Ankerpunkt in sich selbst zu haben.
Ich
habe meinen grünen Wollfaden in meiner Geldbörse. Häufig habe ich ihn in der
Hand und jedesmal denke ich voll Freude an das schöne Wochenende.
Christina
Kalisch
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