Donnerstag, 1. September 2016

Optimismus als Kraftquelle “den Glauben an das Gute im Menschen“ (Anne Frank, Tagebuch)



Christliche Meditation im Stil des Zen und Yoga:
Optimismus als Kraftquelle “den Glauben an das Gute im Menschen“ (Anne Frank, Tagebuch)
Freitag, 29.01. – Sonntag, 31.01.2016

Ich hatte mich schon lange auf das Wochenende auf dem Jakobsberg gefreut.  Ein Wochenende  mit Meditationen und Yoga. Herrlich. Die Aussicht auf Stille, zur Ruhe kommen, zu mir kommen erfüllt mich mit Vorfreude. Das Seminar startet mit einem gemeinsamen Abendessen am Freitagabend, danach geht es weiter mit einer Entspannungsübung. Wir liegen auf dem Boden des Meditationsraumes während Klangschalen ertönen. Laute klingen nach und hüllen uns ein. Immer mehr Schwere an den Boden abgeben. Ein wohltuender Start.

Im Anschluss darauf erfolgt eine offizielle Kennenlern-Runde. Pater Augustinus legt Blätter aus mit den unterschiedlichsten Textpassagen. Jeder von uns soll sich eines heraussuchen, von dem er sich angesprochen fühlt. Schon ist man mitten im Thema: Warum haben wir uns angemeldet? Weshalb sind wir hier zu diesem Wochenende? Bei vielen wird als Beweggrund der Wunsch nach Stille und zu-sich-finden deutlich. Unter uns sind „Wiederholungstäter“ sowie Teilnehmende, die sich zum ersten Mal zu einem solchen Seminar einfinden. Alle sind gespannt und  neugierig und freuen sich auf die Zeit für sich. Pater Augustinus stellt das Thema des Wochenendes direkt in den Raum mit Fragen  wie: „Kann der Mensch immer optimistisch sein?“ und „Braucht der Mensch immer Ruhe?“
Jeder von uns bezieht Stellung – das Thema ist vielschichtig. Am Abend findet auch eine erste Yoga-Einheit statt. Liebevoll leitet Andrea uns an und betont deutlich: Schaut nach euch und eurem Befinden – wenn es um Leistung geht, dann ist es KEIN Yoga. Sehr wohltuend – bei sich und seinem Körper ankommen, eintauchen in Ruhe UND Bewegung. Danach die erste Meditation – das erste Zazen an diesem Wochenende. Wir starten heute Abend mit einer  5-minütigen Meditation. Ich habe für mich persönlich den Wunsch, an diesem Wochenende zur Ruhe zu kommen und meine eigene Meditations- und Yoga-Praxis wieder zu vertiefen bzw. überhaupt mal wieder damit zu starten – viel zu oft verliere ich mich im Trubel des Alltags, und ich bin dankbar für diese Anstöße, die hier an diesem wunderbaren Ort erfolgen.

Am Freitagabend, mit der Nachtruhe, beginnt das Schweigen, das bis morgen Abend dauern wird – und worauf ich mich unendlich freue – ja, mich richtig danach sehne.  Ein paar Male durfte ich bereits die Erfahrung eines solchen „portionierten“ Schweigens machen – und obwohl – oder vielleicht gerade weil- ich sonst gerne und auch beruflich viel rede –genieße ich dieses Versenken in Stille – um so mehr.

Der Samstag beginnt früh, um 6:45 Uhr  in Dunkelheit und Ruhe, mit einer Teezeremonie, bei der wir gemeinsam das heiße Getränk genießen. Danach ein Ritual, das mich sehr berührt: das Begrüßen jeden einzelnen in Stille mit Blickkontakt und einem Händedruck – ganz wortlos – und ganz bei sich und dem anderen. Dann sanftes Yoga – den Körper wecken. Präsent sein im eigenen Körper. Danach ein  Impulstext von Pater Augustinus am Morgen: „Werde still und finde heim zu dir selbst…“ Der Mensch braucht Ankerpunkte in sich selbst – gerade im größten Trubel. Dann zweimal 20 Minuten Zazen. Zwischen den sitzenden Meditationen eine Sequenz im Gehen, durch den Raum. Achtsames Füße aufsetzen, ein Fuß nach dem anderen. Wo ist mein Schwerpunkt?  Wo meine Mitte? Wann verlagere ich das Gewicht vom einen auf den anderen Fuß? Wann gehe ich jemals so achtsam wie in solchen Momenten? Dann das Frühstück: die erste Mahlzeit in Stille. Es ist so angenehm –aber auch so selten und ungewohnt – inmitten einer Gruppe von Menschen zu sein, und dennoch ganz für sich. Ein Geschenk – so erlebe ich das. Das Essen hat ebenfalls eine andere Erlebnisqualität, wenn ich ganz ohne Worte, mit voller Konzentration auf die Lebens-mittel speise. Und es ist alles langsamer – auf so eine so unglaublich wohltuende Art.

Nach dem Frühstück geht´s an die frische Luft: Gehmeditation im Kreuzgang. Pater Augustinus erinnert uns an dicke Kleidung – und das ist gut so: es ist frisch und die kühle Luft ist wohltuend und ein schönes sinnhaftes Erleben. Immer wieder kommt mir der Gedanke und das Gefühl: es ist so schön hier zu sein! Ich bin so froh, dass ich mir die Zeit dafür genommen habe! Aussteigen aus dem Alltag – so wertvoll und wichtig. Auszeiten nehmen – in der Hoffnung, möglichst lange von diesen Erlebnissen mit nach Hause, ins „normale“ Leben mitnehmen zu können.  Vor der nächsten Sitzmeditation ein Text „Warum Optimismus heute so wertvoll ist“  - Optimismus ist eine Geisteshaltung, die sich in den vielen Kleinigkeiten des Alltags zeigt - eine schöne Einbettung für zwei mal 20 Minuten Zazen und der dazwischen liegenden Gehmeditation.  Loslassen – sich leer-machen. Dann wieder eine Entspannungsübung im Liegen mit den Klangschalen. Die Töne tragen – ein schönes Erlebnis. Vor dem Mittagessen zelebrieren wir erneut eine Teezeremonie. Schweigend gemeinsam sitzen und trinken - ganz grundlegend – ganz elementar. Die Küche verwöhnt uns erneut mit leckerer, klösterlicher Kost – das Essen in Schweigen ist nun schon vertrauter – und ich kann schweigend meine Mahlzeit genießen.

Nach der Mittagspause starten wir um 15:00 Uhr mit zwei wunderbaren Stunden Yoga. Ich genieße die Wechselatmung, die Körperübungen. Auch hier bekommen wir einen schönen Text geschenkt: Ein Mann baut eine Mauer mit zwei „falsch“ gesetzten Steinen – aber eben auch 958 „schön“ gesetzten Steinen. Wie  oft schaut man auf vermeintliche Fehler, dabei gibt es so viel mehr Gelingendes!  Diese Erinnerung tut gut!  Der Impuls vor der nächsten Sitzmeditation: „Jeden Tag neu anfangen…“  die Hoffnung nicht aufgeben, jeden Tag das Leben lieben. Es lohnt nicht, Pessimist zu sein. Die folgende Zazen-Einheit  dauert  20 Minuten. Sitzen – atmen – da-sein.  Schon erstaunlich: 5 mal am heutigen Tag für jeweils 20 Minuten sitzend meditieren! Und es ist einfach prima! Danach sitzen wir  im Kreis auf dem Boden, vor uns in der Mitte eine brennende Kerze. Nur das Licht dieser Kerze erhellt den Raum. Ruhig schaut jeder von uns in die Flamme. Gelegentlich ist es genug: Zeit um die Augen für eine Weile zu schließen. Es ist eine ruhige Stimmung, das Kerzenlicht wärmt die Seele. Unglaublich schnell ging dieser Tag vorüber und das „köstliche“  Schweigen neigt sich schon dem Ende zu – beim Abendessen wird das Schweigen gebrochen. Was nicht heißt, dass ich mich nicht auch auf den Austausch mit den anderen freue!  Den verbalen Austausch. Denn viele schweigende, aber dennoch innige Begegnungen begleiteten den Tag. Nach dem schweigenden Tag erlebe ich meine Sprache, meine Möglichkeit mich den anderen mitzuteilen, als Geschenk und als etwas Besonderes. Um 19:45 Uhr geht es weiter: eine Rückmelderunde zum Tag – das Schweigen: für uns alle ein (ungewohntes) Geschenk. Andrea leitet uns im Anschluss einen wunderbaren Kreistanz an, beschwingt und verbindend. Es macht einfach Spaß in dieser schönen Gemeinschaft! Dann setzen wir uns nochmal im Kreis um die Kerze herum. Jeder von uns erhält ein Teelicht und stellt nacheinander  dieses kleine Licht zum großen in die Mitte, und sagt den anderen, für wen die Kerze leuchtet. Nach dieser persönlichen Handlung, die mit den anderen geteilt wird, beten wir gemeinsam das Vater-unser im nun noch heller gewordenen Kerzenschein. Zum Abschluss des gemeinsamen Abends singen wir  im Licht der Kerze noch einen Kanon. Einige verweilen noch länger am Feuer. Unten in der Stube setzen sich einige noch zusammen. Es ist schön mit den anderen ins Gespräch zu kommen und zusammen zu sein, jedoch merke ich, dass ich noch ein bisschen Ruhe, Stille und Schlaf brauche, deshalb ziehe ich mich nach dem Kerzenschein auf mein Zimmer zurück.

Am Sonntagmorgen beginnen wir gemeinsam mit der Teezeremonie um 6:45 Uhr, wie am Tag zuvor. Ein Erlebnis, das  wir sehr genießen. Ich erlebe es als klärend und zentrierend. Erneut begrüßt jeder im Schweigen, wie am gestrigen Morgen, jeden einzelnen dadurch, dass man jedem die Hand gibt und sich gegenseitig anschaut. Mit Andrea dürfen wir noch eine letzte wunderbare Yoga-Einheit an diesem Wochenende erleben. Pater Augustinus gibt uns danach noch einen Impuls: „Zuversicht… keine Angst soll die Oberhand gewinnen…. Zuversicht zu ihm, Warten auf den helfenden Gott, seine Hilfe ist schon unterwegs.“ Ich genieße die letzten beiden 20 minütigen Zazen-Meditationen und die dazwischen liegende Gehmeditation im Raum. Nach dem Frühstück gehen wir alle hinaus und jeder kann sich einen Wollfaden aussuchen, aus einem Kästchen, mit dem Pater Augustinus die Runde macht – ein Faden zum mit in den Alltag nehmen. Die Fäden haben viele unterschiedliche Farben: ich suche mir einen dunkelgrünen aus. Dann geht jeder in Stille seiner Wege beim Spazierengehen – eine Naturmeditation. Für sich sein, draußen in der Natur, was bewegt mich im Moment? Im Meditationsraum, in dem wir das Wochenende verbracht haben, feiern wir dann in unserer Gruppe Gottesdienst. Schöne Lieder, bewegende Worte, ein berührender Gottesdienst in unserer Gemeinschaft. Zum Abschluss unseres Wochenendes teilt Pater Augustinus uns einen letzten Impuls aus: „die fünf goldenen Regeln des Optimismus von Cosima“:
  1. Niemals aufgeben!
  2. Lebe im Hier und Jetzt.
  3. Alles wird gut!
  4. Wer glaubt, gewinnt.
  5. Entspannen statt schmollen

Jeder Punkt birgt noch eine kurze Erläuterung auf dem Textblatt. Zur anschließenden Abschluss-Runde sucht sich jeder einen für sich nun passenden Punkt aus und benennt, was ihn gerade umtreibt und wie man das Wochenende erlebt hat. Dann bekommt jeder Einzelne von seinem Vorredner eine kleine Kerze, zum mit nach Hause nehmen, begleitet von einem guten Wunsch für diese Person. Nach dem gemeinsamen Mittagessen geht jeder seiner Wege.

Es war ein herrliches, freudvolles, intensives Wochenende – bei sich – und bei den anderen; mit so vielen wunderbaren Momenten und Impulsen. Ich möchte einfach nochmal „Danke“ sagen!

Die Fragen des Beginns kommen mir nochmal in den Sinn: „Kann der Mensch immer optimistisch sein?“ „Braucht der Mensch immer Ruhe?“  Ich würde beide Fragen jetzt tatsächlich mit „ja“ beantworten: Ja, der Mensch KANN grundsätzlich immer optimistisch sein – auch wenn´s schwerfällt, und es zuletzt auch nicht immer gelingt. Und: ja, der Mensch braucht immer Ruhe. Und zwar in der Form, dass es gut tut -auch im größten Trubel - einen Ankerpunkt in sich selbst zu haben.

Ich habe meinen grünen Wollfaden in meiner Geldbörse. Häufig habe ich ihn in der Hand und jedesmal denke ich voll Freude an das schöne Wochenende.
Christina Kalisch

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