Breitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen! (Mk1,3)
Ist eine Forderung, die uns in der Adventszeit immer wieder begegnet. Aber
wohin führen meine Wege?
Ständig bin ich unterwegs…
-zur Arbeit
- zu Freunden
- nach Hause
- zum Einkaufen
- zum Wandern
- zu der Familie
Oft empfinden wir Wege sehr unterschiedlich, es gibt:
Wege, die wir gern gehen
Wege, die einem leicht fallen
Wege, die gefährlich sind
Wege, die geradeaus verlaufen
Wege, die sehr anstrengend sind
Wege, die wir hassen
Wege, die einem Liegen
Wege, die wir alleine gehen müssen
Wege, die schnell zum Ziel führen
Wege, die in die Irre führen.
Geschichte: Wird von mir im Advent gefordert, dass ich meine
alltäglichen Wege verlasse, oder geht es vielmehr darum, dass ich dem Herrn in
dieser Zeit gerade auf diesen alltäglichen
Wegen Platz einräume. Beppo,
der Straßenkehrer, von dem die folgende
Geschichte erzählt, bereite dem Herrn auf seine Weise den Weg.
… Beppo liebte diese Stunden vor Tagesanbruch, wenn die
Stadt noch schlief. Und er tat seine Arbeit gern und gründlich. Er wusste, es
war eine sehr notwendige Arbeit.
Wenn er so die Straßen kehrte, tat er es langsam, aber
stetig: Bei jedem Schritt einen Atemzug und bei jedem Atemzug einen
Besenstrich. Dazwischen blieb er manchmal ein Weilchen stehen und blickte
nachdenklich vor sich hin. Und dann ging es wieder weiter: Schritt - Atemzug
-Besenstrich.
Während er sich so dahinbewegte, vor sich die schmutzige Straße
und hinter sich die saubere, kamen ihm oft große Gedanken. Aber es waren
Gedanken ohne Worte, Gedanken, die sich so schwer mitteilen ließen wie ein
bestimmter Duft, an den man sich nur gerade eben noch erinnert, oder wie eine
Farbe, von der man geträumt hat. Nach der Arbeit, wenn er bei Momo saß,
erklärte er ihr seine großen Gedanken. Und da sie auf ihre besondere Art
zuhörte, löste sich seine Zunge, und er fand die richtigen Worte. "Siehst
du, Momo", sagte er dann zum Beispiel, "es ist so: Manchmal hat man
eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das
kann man niemals schaffen, denkt man."
Er blickte eine Weile schweigend vor sich hin, dann fuhr er
fort: "Und dann fängt man an, sich zu beeilen. Und man eilt sich immer mehr.
Jedesmal, wenn man aufblickt, sieht man, daß es gar nicht weniger wird, was
noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der
Angst, und zum Schluß ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die
Straße liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht machen."
Er dachte einige Zeit nach. Dann sprach er weiter: "Man
darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muß nur an
den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich.
Und immer wieder nur an den nächsten." Wieder hielt er inne und überlegte,
ehe er hinzufügte: "Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man
seine Sache gut. Und so soll es sein."
Und abermals nach einer langen Pause fuhr er fort: "Auf
einmal merkt man, daß man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man
hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste." Er nickte vor
sich hin und sagte abschließend: "Das ist wichtig."... (Michael Ende)
P. Augustinus Pham OSB
P. Augustinus Pham OSB
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